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Die Geschichte der Junkers-Paddler

Verladen von Booten vor dem Bootshaus. Vermutlich 1931.

Die Junkers-Paddelgemeinschaft wurde am 15. September 1930 gegründet – und trug 55 Jahre Namen, aus denen der Name des Unternehmers und Flugpioniers getilgt war. Junkers-Paddler waren indes bereits vor der Vereinsgründung auf der Elbe unterwegs.

Ihre bislang früheste bekannte Erwähnung findet die Junkers Paddelgemeinschaft am 19. Mai 1930 im „Anhalter Anzeiger“. Der berichtete über eine von Roßlauer Kanuten ausgerichtete Regatta, bei der Kajak-Fahrer vom Elbekilometer 261,3 recht bescheiden abschnitten.

Verbindung zu Junkers-Werken

Die enge Verbindung zwischen den Junkers-Werken und den Kanuten legt ein Artikel in den „Junkers-Nachrichten 3/1930“ nahe, worin kurz der Bau des Bootshauses vermeldet wird. Dass die Paddler zunächst eine Sektion der Sportgemeinschaft Junkers & Co. ist wahrscheinlich, aber bisher nicht belegbar.

Unklar bleibt ebenfalls, weshalb die Kanuten ihren eigenen Verein gründeten. Eingetragen wurde die „Junkers-Paddelgemeinschaft Dessau“ unter der Nummer 194 im Band III des Dessauer Vereinsregisters, am 15. September 1930. Als erster Vorsitzender wird darin ein Lutz Wagenseil genannt. Das Protokoll der Gründungssitzung scheint verloren, zumindest besitzt dieses weder der Verein noch das Landeshauptarchiv in Dessau.

Funde im Landeshauptarchiv

Es sind vor allem Materialien aus diesem Archiv, die es erlauben, wenigstens punktuell die Frühgeschichte der Junkers-Paddelgemeinschaft zu erhellen. Dort liegt etwa die Abschrift eines Vertrages zwischen dem Verein und der Junkers Flugzeug- und Motorenwerk AG (JFM). Danach verpachtet die JFM zum „Zwecke wassersportlicher Nutzung“ 0,485 Hektar der Parzelle 146/4. Der Pachtzins wurde auf 121,25 Reichsmark festgesetzt. Die Junkers-Werke hatten ihrerseits das Gelände einst von der Dessauer Forstverwaltung gepachtet, um den Leopoldshafen einige wenige Jahre als Flughafen für Wasserflugzeuge zu nutzen.

Junkers’ Name wird gestrichen

Am 7. Juli 1938 wird ein Ernst Berthold Schmidt zum Vorstand des Vereins gewählt. Unter ihm beschließt der Verein am 27. Januar 1939 sich umzubenennen in „Paddelgemeinschaft Dessau e.V.“ Der Name Junkers wird gestrichen.

Ein Zusammenhang mit der kurz zuvor erfolgten Neuformierung des Sports im „Nationalsozialistischer Reichsbund für Leibesübungen“ scheint nicht ausgeschlossen. Die Sportverbände und -vereine wurden damit unmittelbar der NSDAP unterstellt. Deren Ideologie war vollständig inkompatibel mit den Ideen des Flugpioniers Hugo Junkers, den sie enteignet und aus Dessau verbannt hatten. Dass Junkers ehemalige Firmen ausgerechnet unter dessen Namen zu Rüstungsschmieden umgebaut wurden, dürfte vor allem als – durchaus wirksame – Beruhigungspille für die Junkers-Leute gedient haben, die den 1935 verstorbenen Professor beinahe vergötterten.

Anschluss im Werk

Neben den vertraglichen Bindungen zwischen Verein und Werk gab es personelle. Im März 1942 zeigte der Verein gegenüber dem Verpächter einen Wechsel in der Vereinsführung an. Neuer „Gemeinschaftsführer“ – so die Nazi-Diktion – sei ein Kurt Eck, sein Stellvertreter Friedrich Wolterstorff. Beide waren laut Schreiben telefonisch in Junkers-Abteilungen erreichbar.

Um den Verein schien es da schon nicht mehr besonders gut bestellt. Zwei Mal waren die Pachtfläche etwas verringert und der Pachtzins gesenkt worden. Trotzdem gab es ab 1942 Probleme mit den Pachtzahlungen. Die Junkers-Buchhaltung schickte schließlich Mahnschreiben. Nicht überliefert scheint, ob und wie der Verein in Zeiten des zurückkehrenden Krieges reagierte.

Ohne Liquidation gelöscht

Dessen Ende brachte auch das formale Ende der Paddelgemeinschaft Dessau. Für den 22. Mai 1946 vermeldete das Vereinsregister knapp: „Verein ohne Liquidation gelöscht“. Der Grund dafür könnte in der „Direktive Nr. 23 des Alliierten Kontrollrats in Deutschland“ zu suchen sein. Diese verbot sämtliche „sportlichen, militärischen oder paramilitärischen athletischen Organisationen“ in Deutschland.

Neubeginn nach dem Krieg

Wahrscheinlich blieben die ehemaligen Junkers-Paddler nur kurze Zeit ohne sportliche Heimat: Sie wurden Teil einer Betriebssportgruppe der SAG (Sowjetische Aktiengesellschaft) Polysius, einem Zementanlagenbauer.

1953 erfolgte ein Trägerwechsel zum damaligen Rat der Stadt Dessau in die BSG Einheit.

Sieben Jahre später schlossen sich die Kanuten der Betriebssportgruppe des zur Deutschen Reichsbahn gehörenden Stahlbau Dessau (BSG Lokomotive Stahlbau) an. Vorteil für die Kanuten: Sie bekamen einen Lkw mit Personenzulassung und Bootshänger gestellt und konnten die Slalom-Boote bequemer zu den Wettkämpfen transportieren, während die zuvor jedes Mal ab- und wieder aufgebaut werden mussten. Die Wanderpaddler erhielten Bahn-Freifahrtsscheine und konnten an wettkampffreien Wochenenden ebenfalls Lkw und Hänger nutzen.

Im Juni 1990 erfolgte die Ausgründung als eigenständiger Paddel-Verein mit der Bezeichnung „Kanufreunde Dessau e.V.“

Seit März 1994 führt der Verein wieder den ursprünglichen Namen „Junkers Paddelgemeinschaft Dessau e.V.“ und zählt inzwischen wieder knapp 150 Mitglieder.