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Furcht vor der Elbe

Verwaist: Anleger bei Dessau.

Flusskreuzfahrten boomen. Für 2016 vermeldete der Deutsche Reiseverband ein Plus von 2,8 Prozent für Deutschland und 435000 Passagiere. Auch für die Elbe stand unterm Strich ein deutliches Plus. Doch es mehren sich die Anzeichen, dass die Elbe aus Sicht der Kreuzfahrer ihre besten Zeiten hinter sich haben.

„Die Kunden fürchten inzwischen den Fluss“, hat Peter Grunewald beobachtet. Seit 24 Jahren ist Grunewald Kapitän, seit elf Jahren fährt er auf der MS Sans Souci, einem 82 Meter langen Fahrgastschiff.

Er kennt nicht nur den Fluss bestens, sondern ebenso die anderen Schiffe. Er weiß: die haben ein Problem mit dem Niedrigwasser. Seit 2013 fallen die Wasserstände oft so tief, dass Kreuzfahrten unmöglich sind. Die Reedereien und Reiseanbieter fangen an, darauf zu reagieren.

Bus statt Schiff

Zum Beispiel Viking River Cruises, einer der großen Anbieter am Markt, unter dessen Flagge rund 30 Schiffe laufen und der die beiden Anlieger unterhalb des Kornhauses bauen ließ. Beim Klassiker Berlin – Prag schiffen die Gäste erst am dritten Tag in Wittenberg ein. Die Stationen davor werden mit dem Bus angesteuert.

Die Sans Souci hat zwar schon einige Elbetouren in diesem Jahr hinter sich, aber zumeist auf der Strecke Prag – Dresden. „Da sind wir schnell durch“, erklärt Kapitän Grunewald. Zudem werden in diesem Bereich meist größere Tauchtiefen erreicht als weiter stromauf.

Als problematisch gilt insbesondere der Bereich zwischen Elstermündung und und dem Industriehafen Dessau. speziell bei Coswig. Für den 65 Kilometer langen abschnitt vermeldete die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung gestern für die flachste Stelle gerade einmal 95 Zentimeter. Zum Vergleich: Zwischen Schöna und Dresden hatte die Fahrrinne mindestens noch 127 Zentimeter, vor dem Industriehafen Magdeburg immerhin 158. Zum Teil gehen die Probleme auf falsche Strombaumaßnahmen in der Vergangenheit zurück, räumt das zum Jahresbeginn von Bund und Ländern beschlossene Gesamtkonzept Elbe ein.

20 Zentimeter für die Sicherheit

„Von den Fahrrinnentiefe muss man nach einer Faustformel nochmals 20 Zentimeter abziehen, damit ein Schiff sicher fahren kann“, erklärt Stephan Weikert von der Sächsischen Binnenhäfen Oberelbe GmbH. Derzeit könnten also Schiffe mit maximal 75 Zentimeter Tiefgang Dessau passieren.

Selbst das derzeit vermutlich flachgehendste Schiff, die voriges Jahr in Dienst gestellte Elbe Prinzess, kommt auf einen Tiefgang von 90 Zentimeter. Dabei wurde das französische Schiff bereits mit Blick auf die Elbe konstruiert: Es ist nicht nur besonders leicht gebaut, sondern verfügt über einen Schaufelrad am Heck, das zusätzlich für eine geringe Tauchtiefe sorgt.

So wie es derzeit aussieht, werden Kreuzfahrschiffe Dessau-Roßlau künftig seltener passieren. Von dieser Form des Tourismus hatte die Stadt ohnehin nicht allzu viel. „Da wurde meist nur für einen Fototermin an den Meisterhäusern Halt gemacht“, weiß Guido Fackiner, Geschäftsführer der Stadtmarketinggesellschaft Dessau-Roßlau. Angesichts der Entwicklung setzt er auf andere Formen des Tourismus wie Rad- und Städtereisen. „Die Qualität stimmt grundsätzlich. Aber wir müssen noch sichtbarer werden.“

Autor: Thomas Steinberg

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